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EXOTICA, EROTICA, Etc. on DocStories

The film by Evangelia Kranioti was selected at the 56th Berlinale Forum, and Evangelia won  the Best Emerging International Filmmaker award at Hot Docs.  Next week Evangelia's film will be the opening film at the Syros International Film Festival (Greece) and will then travel to Karlovy Vary. The director was my guest at Hellenic Radio 3 (ERA 3)'s show DocStories on documentaries and storytelling last summer.  



It took Evangelia Kranioti nine years to complete the film research and shooting. She became a sailor herself,  travelling to 20 countries, from the Mediterranean to the Black Sea, venturing into the Atlantic, the Magellan Straight and the Pacific, from Panama to the Baltic, all the way to the North Pole. The material – 450 hours of video footage! – was edited by Giorgos Lambrinos.

EKRANIOTI_Séquence 8

"Exotica, Erotica, Etc. navigates centuries-old trade routes and speaks to the universal orientation towards exploration, expression and affection. But above all, it is a love note to the forgotten, hidden and ignored men and women whose long sojourns, dangerous travels and bouts of loneliness are paradoxically essential for societies to function. Exotica, Erotica, Etc. is a documentary conceived as an endless journey, an ongoing dialogue between man and woman, nature and the world. The film's non-linear narrative embraces the rhythm of merchant ships in perpetual motion and unfolds like a landscape, an archipelago : a retired woman of the night reflects on encounters with past lovers long gone, perhaps lost at sea. We listen to her as she longs for one to return and fulfill the final romantic chapter of her life. The voice of an old captain coming from faraway –the solitude of the ocean or the hotel room of an unknown port– becomes an echo to her monologue. Both characters are real and their personal narratives, kept intact, eventually weave a dense discussion on longing, memory and loss."

Watch the trailer.

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Evangelia Kranioti with Dimitra Kouzi at ERT 3rd Radio Programme's show DocStories on documentaries and storytelling

EKRANIOTI_Séquence 80

Culinary Cinema at the Berlinale

“Dig Your Food – From Field to Fork” is the motto of the 7th Culinary Cinema of the Berlinale to be held February 10-15, 2013. Sixteen films about food and the environment will be presented in the Martin-Gropius-Bau.

"If you want maximum freshness and pesticide-free foods, you should garden. If you want a green city, you may become a guerrilla gardener and throw seed bombs. In Berlin, urban gardening has taken root. The Prinzessinnengarten at Moritzplatz will now be able to remain where it is, while other grassroots movements are spreading all around the world. Gardeners are among us! As can also be seen in the programme of the 7th Culinary Cinema," says Festival Director Dieter Kosslick.

"Our Culinary Cinema pleasure garden is freshly stocked. Many of this year’s films include some aspect of gardening, be it concretely or figuratively," comments Thomas Struck, Programme Curator.

The documentaries:

Peru sabe: Cuisine as an agent of social change with Ferran Adrià
After this film is screened in Berlin, we had better copy this system in Greece.

L'Amour des Moules
Everything - and I mean everything - about mussels, including pearls!

Slow Food Story
Carlo Petrini and his movement - and the philosophy behind it.

Red Obsession
About China's obsession with Bordeaux wine

GMO OMG
Monsanto and Co. in our lives

Make Hummus, Not War
A kitchen conflict in the Middle East - unfortunately not the only one.

The Moo Man
A farmer and his cows in a world damning full-fat products

Following the main-programme screening, at 7:30 pm, Michelin-Star chefs Nils Henkel, Michael Hoffmann, Kolja Kleeberg, Hendrik Otto and Tim Raue will each serve a meal inspired by the films in the “Gropius Mirror” restaurant, an elegant tent lined with mirrors (85€ Film and dinner). (I wish I could be there!)

The late screenings, at 10 p.m., will focus on social and ecological topics.

See the programme brochure (pdf file in German only).

Die DDR ist nicht Kalifornien

Doku über Skater in der DDR

Von Knut Elstermann (Frankfurter Rundschau 1.8.2012)

Marten Persiels dokumentarische Filmerzählung „This Ain't California“ lief als Überraschungshit auf der diesjährigen Berlinale. Er zeigt, wie sich in den 1980ern eine bis heute kaum bekannte Skater-Szene in der DDR etablierte.

Die DDR bemühte sich nach außen hin geradezu verzweifelt um eine Aura des „Weltniveaus“. Sie wollte ganz oben mitspielen, plusterte sich auf und wäre so gern einer der zehn führenden Industriestaaten der Welt gewesen. Manch einer hielt das tatsächlich für die Realität. Nach innen pflegte die DDR allerdings einen piefigen Provinzialismus, in dem schon die Sprache Bastionen gegen die westliche Lebensart bilden sollte.

Der Begriff „geflügelte Jahresendfigur“ für Weihnachtsengel dürfte zwar eine witzige Nachwende-Erfindung sein, aber die „Grillette“ für den Hamburger und die „Ketwurst“ für den Hotdog gab es wirklich. Aus dem schnittigen Skateboard wurde das behäbig klingende „Rollbrett“: eine im Grunde überflüssige Wortschöpfung, denn offiziell existierten diese Geräte in der DDR gar nicht.

This Ain´t California

Der Film „This Ain’t California“ lief als Überraschungshit auf der diesjährigen Berlinale. Er zeigt wie sich in den 1980ern dennoch eine bis heute kaum bekannte, fantasievolle Skater-Szene in der DDR etablierte und wie die rollenden Bretter auch hier sehr viel mehr waren als nur Sportutensilien. Sie wurden zu Symbolen einer autonomen, subversiven Jugendkultur. Bezogen wurden die „Rollbretter“ im besten Fall aus dem Westen. Viele entstanden jedoch in emsiger Heimarbeit, liebevoll aus Holz und Rollschuhen zusammengebastelt und geschraubt. Diese kostbaren Unikate sind eindrucksvolle Zeugnisse ostdeutscher Findigkeit und Improvisationslust.

In „This Ain’t California“ rasen Dirk und Nico auf solchen Brettern durch die Plattenbausiedlungen Magdeburgs, später stößt Denis als Dritter im Freundschaftsbund zu ihnen. Er wird „Panik“ genannt – womit sehr treffend das energiegeladene, unangepasste, anarchische Wesen des jungen Mannes beschrieben ist, der als Abwesender dennoch im Zentrum des Films steht. Er, der jeden Zwang, jede Ordnung, jedes feste System ablehnte, ist als Bundeswehrsoldat beim Afghanistan-Einsatz umgekommen. Sein Begräbnis führt die Gefährten noch einmal zusammen. Sie erinnern sich.

Von Magdeburg aus waren sie einst nach Ost-Berlin gezogen, hatten eine fröhliche Wohngemeinschaft gebildet und die endlosen Leerflächen des Stadtzentrums für ihre Skater-Künste genutzt. Besonders schön zu sehen ist das bei einer rasanten Abfahrt auf den gewaltigen Betonzacken am Eingang des Fernsehturms. Bis zur Euroskate 1988 in Prag, dem ersten Skater-Treffen im Ostblock, führte ihr von der Staatssicherheit beargwöhnter Weg. Kurz vor dem Mauerfall wurde Denis verhaftet.

Der erste Kinofilm des Regisseurs Marten Persiel, der im Westen aufwuchs und selbst jahrelang als Skater unterwegs war, spiegelt das Lebensgefühl junger Leute in der Spätphase der DDR erstaunlich authentisch wider. Sie rieben sich nicht mehr am Staat und dessen ausgehöhlten Idealen; sie ignorierten ihn, so gut es eben ging, und führten in der Nische ihr bewegtes Leben. Sie waren, wie die drei Freunde auf ihren Brettern, immer wendiger und witziger als die schwerfällige Macht.

Diese Jungs führten ein bewegtes Leben in Berlin, Hauptstadt der DDR.

Diese Jungs führten ein bewegtes Leben in Berlin, Hauptstadt der DDR.
Foto: Farbfilm-Verleih

Und so schildert der Film auch keinen verbissenen Kampf gegen den Staat, sondern die Normalität des Alltags, kurioserweise anhand des wirklich nicht alltäglichen Motivs des Skatens. „This Ain’t California“ verteidigt den Wert gelebten Lebens, stemmt sich mit seiner Buntheit und Verspieltheit gegen das übliche Einheitsgrau in der Darstellung von DDR-Verhältnissen und liefert fast nebenbei auch eine melancholische Liebeserklärung an eine relativ unbekümmerte Jugend. Diese Zeit erscheint als eine Art Sehnsuchtsära, welche die Helden dieses Films jedoch ebenso wenig wieder betreten können wie den verschwundenen Schauplatz ihres provokanten Übermutes, die DDR.

„This Ain’t California“ wurde vom Verleih als Dokumentarfilm deklariert. Der Film ist indes ein kleines Wunderwerk der assoziativen Montage, das trotz seiner kleinteiligen Vielfalt nie überladen, beliebig oder verwirrend wirkt, vielmehr schwungvoll den Rhythmus der waghalsigen Skater aufnimmt.

Seltenes Archivmaterial, private Super-8-Aufnahmen und gezeichnete Animationen verbinden sich mit gespielten Szenen – die allerdings nicht als solche gekennzeichnet werden und ein gewisses Unbehagen erzeugen. Nicht nur der angebliche Stasi-Mann sagt eindeutig auswendig gelernte Texte auf. Bei manchen Szenen schimmert die kunstvoll natürliche Inszenierung durch. Und so ist auch der Hauptheld, der im Krieg getötete „Panik“, gar keine wirkliche Person, sondern ein Kompositum aus mehreren Biografien.

Das provoziert grundsätzliche Fragen. Welchen Bildern kann man hier trauen? Während ihres Triumphzugs durch die Festivals räumten die Filmemacher die Fiktionalität ihres Verfahrens scheibchenweise ein. Inzwischen sprechen sie offen von einer „dokumentarischen Erzählung“, was es ganz gut trifft und diesem Film von Beginn an dienlicher gewesen wäre als die Verhüllung der Methode.

Im sehr freien Spiel mit dem dokumentarischen und dem fiktiven Material gelang ja am Ende ein glaubwürdiges Abbild des echten Lebensgefühls in der DDR, das Empfinden persönlicher Freiheit inmitten gesellschaftlicher Begrenzungen. Vielleicht stimmt in diesem Film so gut wie nichts, aber alles ist wahr.

This Ain’t California, Dtl. 2012. Marten Persiel, Drehbuch: Marten Persiel, Ira Wedel, Kamera: Felix Leiberg. 99 Min., Farbe. FSK ab 12.

(Frankfurter Rundschau 1.8.2012)